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Wie die Wiener Badekultur an der Alten Donau entstand

Rein in die U-Bahn, ein paar Schritte zu Fuß, und schon ist man da: an den Badestränden der Alten Donau. Weit mehr als eine Million Badegäste kommen hier jeden Sommer zur Erfrischung und Erholung ans Wasser. Es ist eines jener Naherholungsparadiese, das die hohe Lebensqualität Wiens ausmacht, die der Stadt Jahr für Jahr von diversen Rankings attestiert wird.
Doch das war natürlich nicht immer so. Nach der Donauregulierung in den 1870er-Jahren kam noch kaum jemand auf die Idee, dass man im alten, nun abgetrennten Hauptarm der Donau auch schwimmen gehen könnte. Die Wiener Badekultur, sie brauchte eine gewisse Zeit, um auf die Sprünge zu kommen.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert waren es die Vertreter der damals aktuellen Naturheilbewegung, die zu ihren Pionieren wurden. Die Industrialisierung hatte Fahrt aufgenommen, in Großstädten wie Wien herrschten Überbevölkerung und Wohnungsnot. In der Arbeitswelt wurde Disziplin eingefordert und es herrschten strenge Sittlichkeitsnormen. Die Menschen brauchten ein Ventil, um diesen Umständen zu entfliehen. In Wien fanden sie es an der Alten Donau.

Revoluzzer am Wasser

In den 1890ern war es erst ein kleiner Personenkreis, den es hinaus ans Wasser zog. In einer Zeit, als gebräunte oder gerötete Haut als unfein galt, waren die Sonnenanbeter wahre Revoluzzer. Ihr Ziel war eine kleine, schwer zu erreichende Insel: das Gänsehäufel. Auch als ab dem Jahr 1900 die Straßenbahn bis in das damals kleine Dorf Kagran fuhr, waren noch eine Wanderstrecke, das Übersetzen
per Kahn und ein dichter Auwald zu überwinden.

Doch das Ziel war es wert: die paradiesischen Sandstrände einer damals einsamen Insel. Ein Mann hatte großen Anteil an der Erschließung der Alten Donau für Bademeister- und nixen: Florian Berndl. Der Krankenpfleger pachtete einen Teil der Insel, um dort Patienten unter anderem mit Sand- und Schlammkuren zu behandeln. Immer mehr glaubten an die heilenden Kräfte der Natur – und sie kamen zu Berndl auf die Insel.

Der Weg zum öffentlichen Strandbad

Der Gründer dieser „Lebensreformkolonie“ bekam von der damals prüden Stadtgesellschaft allerdings einigen Gegenwind zu spüren. Für sie war das Gänsehäufel, wo man doch tatsächlich bloße Körper sehen konnte, nichts anderes als ein „Sündenpfuhl“. 1905 wurde Berndls Pachtvertrag sogar deswegen gekündigt.

Doch das Bedürfnis nach dem Bad in der Alten Donau war damit nicht verflogen. Wiens damaliger Bürgermeister Karl Lueger sprang ein und ließ bald darauf das erste öffentliche Strandbad erreichten. Und schon im Jahr der Eröffnung 1907 war es überfüllt. Das seither vielfach modernisierte Strandbad Gänsehäufel ist zu einer Wiener Institution geworden, wie es bis heute keine zweite gibt.

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Unter Verwendung von Materialien aus dem Buch: „Die Alte Donau. Menschen am Wasser. Perspektiven einer Wiener Landschaft.“
Hrsg. v. Gernot Ladinig. Bohmann-Verlag, Wien, 2000.